Hin und wieder kommt es vor, dass Offizielle (Trainier, Co-Trainer, Mannschaftsarzt, etc.) einer Mannschaft von den Schiedsrichtern angewiesen werden, ihre Oberbekleidung wegen unpassender Farbe zu wechseln. Für den Fall, dass keine farblich entsprechende Ersatzkleidung vorhanden ist, kann es auch vorkommen, dass die Offiziellen verpflichtet werden, einen Überzieher zu tragen. Dass diese Situation in der vergangenen spusu-Liga Spielsaison bereits vorgekommen ist, beweist auch dieser HLA-MEMES Beitrag. :-)
Regeltechnische Hintergründe
Im Handballregelbuch ist folgender Satz zu finden: ...."Farben, die zu Verwechslungen mit den gegnerischen Feldspielern führen können, sind nicht erlaubt." Diese Regelbestimmung findet man im Regelbuch im Abschnitt "Auswechselraum-Reglement". Der oben zitierte Satz bezieht sich ausschließlich auf die Mannschaftsoffiziellen einer Mannschaft.
Bei dieser Regelbestimmung handelt es sich um eine Muss-Bestimmung des Regelwerkes. Farben, die zur Verwechslung mit den gegnerischen Feldspielern führen können, sind schlicht und einfach nicht gestattet. Die Farben der Torwarte hingegen sind irrelevant.
Die Offiziellen müssen ihre Oberteile nach der erfolgten Trikotwahl der Mannschaften entsprechend farblich anpassen.
Gibt es bei dieser Regelbestimmung einen Ermessensspielraum für die Schiedsrichter/Delegierte?
Grundsätzlich müssen die Schiedsrichter/Delegierte entscheiden, ob die Oberteilfarben der Offiziellen einer Mannschaft zu Verwechslungen mit den gegnerischen Feldspielern führen könnten.
In einer Situation wie bei unserem Beispielbild unten ist allerdings der Ermessensspielraum nicht gegeben, da es sich hier um gleiche Farben handelt! (Anm.: dieses Bild entstand vor der entsprechenden Regeländerung 2010)
Warum wurde diese Regel im Jahr 2010 eingeführt?
Der Grund für diese Regeländerung ist auf dem oben gezeigten Bild gut zu erkennen. Der Spieler (RL) verlässt seine Position zum Zeitpunkt, als der ballführende Spieler (RM) den Blick auf die andere Spielfeldseite gerichtet hat. Der am Rand des Spielfeldes positionierte Off. B der gegnerischen Mannschaft trägt den Trainingsanzug in der gleichen Farbe wie die Feldspieler der gegnerischen Mannschaft. Der Angreifer (RM) kann durch die Farbengleichheit leicht verwirrt werden und den Pass Richtung Offiziellen B spielen, im Glauben, dass sein Mitspieler (RL) sich noch immer auf seiner ursprünglichen Position befindet.
Fragen aus der Praxis
Oft wird in der Praxis die Frage gestellt, warum die Ersatzspieler die Trainingsanzüge in der gleichen Farben tragen dürfen, wie die gegnerischen Feldspieler? Diese Farbgleichheit könnte genauso den gegnerischen Mitspieler verwirren.
Die IHF hat diese Regelbestimmung nur an die Mannschaftsoffiziellen begrenzt, da regeltechnisch nur ein Offizieller der jeweiligen Mannschaft stehen darf. Es wird zwar den Spielern in der Praxis erlaubt sein kurz aufzustehen (z.B. das Feiern eines Torerfolges), aber grundsätzlich dürfen die Ersatzspieler nicht stehen. Daher dürfte aus regeltechnischer Hinsicht diese Farbengleichheit nicht zur Verwirrungen führen, da die Ersatzspieler auf der Ersatzbank sitzen müssen.
Wenn regeltechnisch immer nur ein Offizieller einer Mannschaft stehen darf, warum müssen sich dann die Farben aller vier Offiziellen von gegnerischen Feldspielern unterscheiden?
Es stimmt zwar, dass das Regelwerk immer nur einen Offiziellen einer Mannschaft das Stehen zum Zwecke des Coachings erlaubt, das Regelwerk bestimmt aber nicht, welcher Offizieller diese Berechtigung in Anspruch nimmt. Die Wahl, welcher Offizieller das Coachen der Mannschaft übernimmt und somit stehen darf, treffen die Mannschaften selbst und sie dürfen die Aufgabe während des Spieles unter den Offiziellen tauschen. Daher sind alle Offiziellen von dieser Regelbestimmung erfasst.
Was passiert wenn die Mannschaftsoffiziellen gegen diese Regelbestimmung verstoßen?
In so einer Situation weist das Regelbuch die Schiedsrichter an gemäß Regel 4:2 zu verfahren:
"Kommt es zu einem Verstoß gegen das Auswechselraum-Reglement, sind die Schiedsrichter bzw. die Delegierten verpflichtet, entsprechend den Regeln 4:2, Abs.3, ...(Verwarnung, Hinausstellung, Disqualifikation) zu verfahren.
Die Regel 4:2 besagt auch, dass der Mannschaftsverantwortliche (Offizieller A) für die Einhaltung dieser Regel grundsätzlich verantwortlich ist.
Andrei Jusufhodzic für handballreferee.at
Andrei ist IHF/EHF Schiedsrichter und Vorsitzender
der Regel -und Schiedsrichterkommission in Wien.